51, 50, 47, 16 – das sind die Kirmeszahlen vom Handball-Wochenende bei der Klub-WM. 51 Tore hat das ungarische Spitzenteam Veszprem im Vorrundenduell gegen Sydney University aus Australien erzielt; 50 Tore warf der SC Magdeburg gegen die California Eagles aus den USA. Immerhin 47 Mal bugsierte auch der FC Barcelona gegen das ägyptische Team al Zamalek SC den Ball ins Netz. Bester Schütze war dabei Daniel Fernández, der in einer einzigen Partie 16 Tore erzielte. Sechzehn!
Ihrem Ruf als fragwürdigstes Turnier im Handball-Terminkalender erweist die Klub-WM (früher Super Globe genannt) somit alle Ehre. Wie im Vorjahr wird in Ägypten gespielt, drei europäische Klubs nehmen teil und werfen alles in Grund und Boden. Im Handball sind die Unterschiede zwischen den Föderationen noch gewaltiger als etwa im Fußball. Trotzdem lässt der Weltverband IHF die besten afrikanischen, asiatischen, amerikanischen und ozeanischen Teams mitmachen – auch wenn diese von den Europäern dann nach aller Kunst demontiert werden.
Es erfordert keinen besonderen Akt der Prophetie, um anzukündigen, dass einer der europäischen Vereine demnächst neuer Klub-Weltmeister sein wird. Und eher nicht die Studierendentruppe aus Sydney oder das zusammengewürfelte Amateurteam aus Kalifornien. Lediglich al Ahli aus Kairo kann einigermaßen mithalten, verlor nur mit neun Toren Abstand gegen Veszprem. Interessieren tut das übrigens kaum jemanden, die Hallen in Ägypten sind nahezu leer. Bei den Magdeburger Vorrundenspielen waren einmal offiziell 120, einmal 250 Menschen anwesend. Nur wenn die beiden ägyptischen Vertreter spielen, wird die 1000-Zuschauer-Marke geknackt.
Im Halbfinale wird Magdeburg zum ersten Mal richtig gefordert – es geht gegen Veszprem
Für die Profivereine aus Europa stehen ab jetzt die ernsthaften Prüfungen beim Turnier an. Am Dienstag werden die Halbfinals ausgetragen, Magdeburg trifft auf Veszprem, in einem möglichen Finale wäre dann mutmaßlich der FC Barcelona der Gegner. Viel Kritik löst in jedem Jahr auch der Zeitpunkt des Turniers aus, denn die nationalen Ligen laufen während der Klub-WM weiter. Der SCM muss die verpassten Spiele im ohnehin randvollen Kalender nachholen, die Partie vom sechsten Spieltag gegen den THW Kiel trägt Magdeburg am 23. Dezember aus – ein paar Stunden vor Heiligabend.
Doch was tun? Einfach nicht antreten, die Veranstaltung boykottieren? Früher war die Klub-WM bei den europäischen Klubs noch deutlich unbeliebter, da wurden auch mal B-Mannschaften oder Jugendteams geschickt. Doch diese Haltung können sich die Topklubs nicht mehr leisten. Seit die IHF die Preisgelder massiv erhöht hat, sind die Klubs quasi gezwungen, in Topbesetzung anzureisen. Etwa 400 000 Euro erhält der Sieger, das ist in Magdeburg bei einem Jahresetat von etwas mehr als zehn Millionen Euro ein ordentlicher Batzen. Mit dem Geld können Gehälter gezahlt oder Spieler verpflichtet werden; SCM-Geschäftsführer Marc-Hendrik Schmedt hat einmal erzählt, wie er das Geld für den Gewinn des Super Globes 2021 in die Vertragsverlängerungen von Omar Ingi Magnusson und Magnus Saugstrup stecken konnte. Mit ihnen holte Magdeburg anschließend zwei Meisterschaften und zwei Champions-League-Titel.
Klare Worte gab es deshalb vor dem Turnierstart von Trainer Bennet Wiegert. Gejammert werde nicht, verfügte der Coach. Es sei einfach nicht „das richtige Mindset, mit diesem Wettbewerb stiefmütterlich umzugehen“. Dreimal, von 2021 bis 2023, konnte Magdeburg den Titel bislang gewinnen, im vergangenen Jahr setzte es eine knappe Finalniederlage nach Verlängerung gegen Veszprem. Wiegert erklärte, er sei „extrem stolz, dass wir das fünfte Jahr nacheinander daran teilnehmen dürfen“. Das Ziel ist klar: Magdeburg will den Titel holen.
Stolz zeigen sich auch die Teams, die sportlich bei einer Klub-WM eigentlich nichts zu suchen haben. Für sie ist es ein Ausflug in die große Handballwelt. So erzählten die Spieler der California Eagles bereitwillig, wie das Team aus Studierenden, Klempnern oder Zahnärzten in den vergangenen Monaten zusammengecastet wurde. Gesucht wurden Spieler, die bereit sind, sich für eine Woche in ein großes Abenteuer zu stürzen. So kommt der Kreisläufer Gonzalo Carou aus Argentinien und ist schon 46 Jahre alt. Auch aus Deutschland eilte Hilfe herbei, kurzfristig wurde Sebastian Pollich akquiriert, der zuletzt seine Karriere bei der HSG Ostfildern in der Regionalliga Baden-Württemberg für beendet erklärt hatte. Viele Teammitglieder sahen sich zum ersten Mal in Ägypten in der Halle, sie hatten sich zuvor per Videocall kennengelernt.
Doch sportlich gibt es Zeichen der Besserung für die Eagles. Im Vorjahr traf das US-Team ebenfalls auf Magdeburg, da ereilte es in der Vorrunde eine 21:57-Klatsche. Diesmal hieß es bloß noch 20:50. Geht die Entwicklung so weiter, könnte es in zehn Jahren etwas werden mit einem annähernd knappen Ergebnis.