Lange hat Donald Trump auf diesen Tag hingearbeitet, nun zeigt der Druck auf das ihm ohnehin ergebene Justizministerium Wirkung: Der ehemalige FBI-Direktor James Comey, der einst Trumps Russland-Beziehungen untersuchte, ist angeklagt. Eine Geschworenenjury fand die Argumente des Ministeriums dafür ausreichend. Auch von New Yorks Generalstaatsanwältin Letitia James will Trump nicht lassen: Der zuständige Bundesstaatsanwalt wurde ersetzt, als er nicht die gewünschten Ergebnisse brachte.
Und jetzt wird ebenso gegen Milliardär George Soros und dessen Stiftungen ermittelt, in Trumps Vorstellung ein Hort der Antifa, die er gerade zu Terroristen erklärte. Trump ist auf einem Höhepunkt dessen angelangt, was viele Beobachter „revenge presidency“ nennen: Rache als treibendes Motiv dieser Amtszeit. Der Ex-FBI-Chef Comey, so Trump, sei „krank“ und ein „schlechter Mensch“.
Deutlicher als selten zuvor ist dabei zu beobachten, wie Trump, sein stellvertretender Stabschef Stephen Miller und seine Regierung ihre „Feinde“ markieren – oft mit einem Stempel unveränderlicher Eigenschaften und als Verkörperung des Bösen an sich. Als solche sind sie keine politischen Gegner, die man mit konventionellen Mitteln besiegen oder überzeugen müsste, sondern absolute Antagonisten, die es auszuschalten gilt.
Die Religionskrieger hinter Trump
Die Anklagewut wirkt so wie die Konsequenz aus den martialischen Reden, die Trump und seine Bündnispartner von der christlichen Rechten gerade erst bei der Trauerfeier für Charlie Kirk hielten. Neu war das ins Extrem getriebene Freund-Feind-Denken für MAGA nicht – aber selten war die Vermengung der staatlichen mit der religiösen und MAGA-aktivistischen Seite vor einem Massenpublikum so deutlich.
Trumps religiöse Weggefährten unterfütterten seine Feindmarkierung mit ihrer Endkampf-Theologie. Der Präsident ist nicht plötzlich gläubig geworden, wenn er ankündigt, die Religion wieder zurück in die Politik zu bringen. Doch er weiß um die emotionale Macht, die so nur dieser Teil seiner MAGA-Koalition entfalten kann.
Das Ziel all dieser Racheaktionen und Eskalationen ist nicht für alle Fraktionen in diesem Bündnis dasselbe. Die christlichen Nationalisten, die von „Dämonen“, „Gut und Böse“ und „Gottes Rüstung“ sprechen, wollen ein christo-patriarchales System, von Weißen dominiert. Das Lager um Stephen Miller will Amerika wieder weißer machen, ohne dafür die Religion ins Zentrum zu stellen. Beide Strömungen erkennen ihre Gemeinsamkeiten und ihren wechselseitigen Nutzen. Trump wiederum wird für jemanden gehalten, der vor allem seine persönlichen Ziele verfolgt, sei es Rache, Bereicherung oder Machtzuwachs.
Seit mehr als einem Jahrzehnt hat er Amerika auch dadurch an die martialische Feindmarkierung gewöhnt, dass er bei den Schwächsten anfing: bei Einwanderern ohne Papiere und Menschen, die transgender sind. Indem er alle Immigranten, die ihr Visum auslaufen lassen oder ohne eines die Grenze überqueren, als „Mörder und Vergewaltiger“ brandmarkte, konnte er später leichter behaupten, mit seiner Deportationswut nur die „Schlimmsten der Schlimmen“ im Auge zu haben. Und das, obwohl nur ein kleiner Teil derjenigen, die von maskierten ICE-Angestellten in Autos gezerrt werden, schwere Straftaten begangen hat.
Es ist die dadurch schon seit Längerem normalisierte aggressive Markierung der Feinde im Innern, die den Weg zum Autoritarismus ebnen kann. Wie zuvor der Angriff auf Comedian Jimmy Kimmel ist nun die Degradierung des Justizministeriums zum willfährigen Handlanger ein weiterer Schritt in diese Richtung.