Begeistert klang nicht, was von der Hamas nach außen drang, nachdem Donald Trump in Washington im Beisein Benjamin Netanjahus seinen Friedensplan für den Nahen Osten vorgestellt hatte. Offiziell vermied die islamistische Organisation, gegen die Israel im Gazastreifen seit zwei Jahren einen verheerenden Krieg führt, ein unmittelbares offenes Nein. So hat sie es schon in früheren Fällen gehalten. Auch jetzt wieder hieß es, man werde den Plan des amerikanischen Präsidenten „in gutem Glauben“ prüfen.
Beobachter erwarten, dass dies einige Tage dauern wird: Die auf mehrere Länder verteilten Hamas-Führer werden den Plan studieren und sich mit anderen palästinensischen Gruppen besprechen, bis sie zu einer offiziellen Position kommen. Der Plan wurde Hamas-Vertretern offenbar in der vergangenen Nacht von Qatars Ministerpräsident und dem Leiter eines der ägyptischen Geheimdienste präsentiert.
Zugleich gab es unmittelbar nach der Pressekonferenz am Montagabend einige kritische Stellungnahmen und Warnungen von Hamas-Mitgliedern. Trumps Plan stelle „keine echte, objektive oder faire Lösung dar“, äußerte Ismail al-Thawabta, der das Medienbüro der Hamas im Gazastreifen leitet, auf der Plattform X. Man lehne es ab, den Gazastreifen unter internationale Verwaltung zu stellen. Das sei ein Versuch, eine „neue Vormundschaft“ durchzusetzen.
Thawabta wiederholte die Kernforderungen der Hamas: Israels Krieg im Gazastreifen müsse ebenso beendet werden wie die Besetzung palästinensischer Gebiete, und den Palästinensern müsse das Recht gegeben werden, ihren eigenen Staat zu gründen. Während Thawabta nicht die politische Führung der Hamas vertritt, dürften seine Kommentare Vorbehalte widerspiegeln, die es dort gibt. Auch andere Hamas-Vertreter kritisierten die vorgeschlagene Treuhandschaft über den Gazastreifen als inakzeptabel.
Wohlwollende Reaktion der Regierung in Ramallah
Schärfer äußerte sich der Anführer des „Palästinensischen Islamischen Dschihads“ (PIJ), der nach der Hamas zweitgrößten islamistischen Organisation im Gazastreifen. Der Nahostplan sei in Wahrheit ein amerikanisch-israelisches Abkommen, das „vollständig die Position Israels zum Ausdruck bringt“ und als „Rezept für die Fortsetzung der Aggression gegen das palästinensische Volk“ dient, kritisierte Ziad al-Nakhala. Israel versuche mithilfe der USA zu erreichen, was es im Krieg nicht geschafft habe. Aus der Sicht des PIJ sei der Plan ein „Rezept, um die Region zur Explosion zu bringen“, warnte Nakhala.
Deutlich freundlicher im Ton war die Reaktion der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA). Die Regierung in Ramallah, die Trumps Wohlwollen anstrebt, bekundete in einer offiziellen Mitteilung ihren Willen, mit den USA und weiteren Ländern zusammenzuarbeiten, um den Gazakrieg zu beenden. Sie bekannte sich zugleich zu weiteren Reformen, etwa im Bereich von Schulbüchern und den umstrittenen Zahlungen an die Familien von Personen, die in israelischen Gefängnissen sitzen. Damit griff die PA Punkte auf, die Netanjahu auf der Pressekonferenz angesprochen hatte.
Ansonsten vermied die Stellungnahme es, Konfliktthemen offen anzusprechen, die sich aus der Sicht der PA aus dem Trump-Plan ergeben. Das spiegelt auch ihre schwache Position im Ringen um die Zukunft der Region wider. Eigene Forderungen wurden nur in allgemeiner Form genannt. So hieß es, ein umfassendes Abkommen zur Beendigung des Krieges sollte „auch die Vereinigung des palästinensischen Landes und der Institutionen im Gazastreifen und im Westjordanland, einschließlich Ostjerusalem, gewährleisten, die Besatzung beenden und den Weg zu einem gerechten Frieden auf der Grundlage der Zweistaatenlösung ebnen“.
Dahinter verbergen sich zwei Forderungen der PA, die Netanjahu ausgeschlossen hat und die auch in Trumps Plan nur teilweise und in allgemeiner Form vorkommen: Zum einen, dass sie die Nachkriegsregierung im Gazastreifen stellt; zum anderen das Ende der Besatzung und die Gründung eines palästinensischen Staates.
Misstrauen gegenüber Netanjahu
Aus der Region kam Zustimmung zu Trumps Stichpunkt-Sammlung für ein Ende des Gaza-Krieges. Die Außenminister von Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Qatar, Ägypten, Jordanien, der Türkei, von Pakistan und Indonesien verkündeten in einer gemeinsamen Erklärung, ihre Länder seien bereit, konstruktiv an einer Lösung mitzuarbeiten. Sie lobten Trumps Vorhaben, „den Krieg zu beenden, den Gazastreifen wieder aufzubauen, die Vertreibung des palästinensischen Volkes zu verhindern und einen umfassenden Frieden voranzutreiben“. Außerdem lobten sie die Ankündigung des amerikanischen Präsidenten, eine Annexion des Westjordanlands nicht zuzulassen.
In der Region herrscht Zurückhaltung, sich im Gazastreifen zu engagieren und dort Geld für den Wiederaufbau zu investieren oder politisches Kapital zu investieren – von einem Engagement in einer internationalen Truppe ganz zu schweigen. Dass Trump jetzt zumindest in der Theorie die Perspektive auf einen palästinensischen Staat eröffnet hat, kommt den arabischen Partnern Washingtons entgegen.
Das Misstrauen gegenüber dem israelischen Ministerpräsidenten ist aber weiter enorm. Der israelische Luftangriff vom 9. September auf die Hamas-Vertretung in der qatarischen Hauptstadt Doha – das Emirat vermittelt im Gaza-Krieg – hat die Region aufgebracht und aufgeschreckt. Die Attacke hat den Widerwillen noch einmal deutlich verstärkt, mit einem Israel unter der Führung Netanjahus auf irgendeine Art zusammenzuarbeiten.
Trump hat die Wogen etwas glätten können. Er arrangierte ein Dreiertelefonat, an dem Netanjahu und der qatarische Regierungschef Muhammad bin Abdulrahman Al Thani teilnahmen. Netanjahu entschuldigte sich für den getöteten qatarischen Staatsbürger, erklärte, der Angriff habe nicht dem Emirat selbst gegolten und versicherte – entgegen früherer Kraftmeiereien – es werde einen solchen Angriff nicht noch einmal geben.
Für die Führung in Doha ist das ein diplomatischer Sieg. Sie dürfte jetzt versuchen, die Hamas dazu zu bewegen, dem amerikanische Vorschlag zuzustimmen. Sie hat aber als Vermittler auch die Erfahrung gemacht, dass Absichtserklärungen nicht viel wert sein müssen.