Kabinettsklausur gestartet Auftakt gegen die schlechte Laune
Stand: 30.09.2025 19:21 Uhr
Zum Start der ersten Kabinettsklausur von Schwarz-Rot lag der Fokus auf den Themen Wirtschaft und weniger Bürokratie. Und auf der Frage: Wie lässt sich die schlechte Stimmung im Land angehen? Überschattet wurde das Treffen von zwei Vorfällen.
Die Bundesregierung hat sich in Berlin heute zur Kabinettsklausur versammelt – die erste seit Bildung der schwarz-roten Koalition. Die Modernisierung des Staates und die Wirtschaft wurden als Schwerpunkte für das zweitägige Treffen ausgemacht. Zum Start beschäftigte Kanzler Friedrich Merz und die Ministerriege aber offenbar auch die Frage, wie sich die Stimmung im Land zum Besseren wenden könnte.
Am ersten Tag des Regierungstreffens stand eigentlich das Thema Wettbewerbsfähigkeit im Fokus: Unter anderem hielt Markus Brunnermeier – Professor für Volkswirtschaft an der renommierten US-Universität Princeton – einen Gastvortrag. Die Diskussion danach führte Teilnehmern zufolge aber schnell zu der Frage, warum die Stimmung so schlecht ist – trotz der Veränderungen, die in den ersten Monaten schon auf den Weg gebracht wurden.
„Unser Hauptgegner ist die Laune“
„Im Prinzip ist unser Hauptgegner die Laune“, wurde Vizekanzler Lars Klingbeil laut der Nachrichtenagentur dpa von Teilnehmern zitiert. Man sei sich dabei schnell einig gewesen, dass ein Kulturwandel nötig sei. Klingbeil habe moniert, dass eine „negativistische Haltung“ populistisch von politischen Gegnern wie der AfD instrumentalisiert werde. Schon vor einigen Tagen hatte der SPD-Chef erklärt: „Wir reden uns selbst manchmal so klein. (…) Und die AfD reitet ja diese schlechte Laune. Die AfD lebt von dieser Polarisierung und davon, dass die Leute unzufrieden sind.“
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) forderte den Angaben nach Visionen statt Verordnungen. Auch sei über die Notwendigkeit einer „neuen Ruck-Rede“ am Rande der Klausur gesprochen worden – unter Verweis auf einen Auftritt des Kanzlers in Saarbrücken an diesem Freitag, dem 35. Jahrestag der deutschen Wiedervereinigung.
Verkehrsminister Schnieder im Krankenhaus
Die Kabinettsklausur startete zunächst allerdings wenig stimmungsvoll – denn sie wurde von zwei Vorfällen überschattet. Verkehrsminister Patrick Schnieder erlitt einen Kreislaufzusammenbruch und wurde ins Krankenhaus gebracht. Der CDU-Politiker sei am Tisch zusammengesackt, sagte Regierungssprecher Stefan Kornelius. Danach sei es ihm zwar wieder besser gegangen, zur Sicherheit werde er sich aber untersuchen lassen. Ein Sprecher von Schnieders Ministerium teilte am Nachmittag mit, der Minister befinde sich derzeit in ärztlicher Behandlung und es gehe ihm wieder besser.
Beim Gruppenfoto am Mittag fehlte neben Schnieder auch Kulturstaatsminister Wolfram Weimer. Er verließ die Villa Borsig am Morgen wegen eines Trauerfalls. Per Pressemitteilung sagte er „aufgrund eines Todesfalls im engsten Familienkreis“ auch einen für Donnerstag geplanten Besuch in Thüringen ab.
Positionsbestimmung nach fünf Monaten Regieren
Viele Details wurden am ersten Tag der Klausur noch nicht bekannt. Finanzen, Staatsschulden, Arbeitsmarkt, Sozialstaat – es ging, so sagen es Teilnehmer, um die Fähigkeit eines modernen Landes, sich an unwägbare Situationen anzupassen. Vom vielfach beschworenen „Herbst der Reformen“ spricht trotzdem niemand. Eher von einer Positionsbestimmung nach fünf Monaten gemeinsamen Regierens, das holprig begann.
Die klassischen Teambuilding-Elemente fehlen – alle Minister sind im Gegensatz zu früheren Regierungsklausuren Heimschläfer.
Konkrete Maßnahmen sollen morgen beschlossen werden
Beschlüsse soll es erst am morgigen zweiten Tag geben. Das Kabinett will eine Modernisierungsagenda für Staat und Verwaltung beschließen, die zu einer Senkung der Bürokratiekosten um 25 Prozent oder 16 Milliarden Euro führen soll.
Dabei soll es um rund 80 Einzelmaßnahmen gehen. Unter anderem soll es künftig ein einheitliches Portal für die Online-Zulassung von Autos geben. Angedacht ist auch die Einrichtung eines digitalen Bürokratiemeldeportals, auf dem Bürger Verbesserungsvorschläge machen können.
„Wir setzen alles daran, dass die deutsche Wirtschaft wieder Tritt fasst“, betonte Kanzler Merz vor Beginn der Klausurtagung und mahnte: „Die längst überfällige Modernisierung unseres Staates muss nun wirklich schnell vorangehen. Wir müssen staatliche Leistungen überprüfen, sie müssen effizienter und unkomplizierter werden.“
Mit Informationen von Benjamin Großkopff, ARD-Hauptstadtstudio